Gefährliche Wärme
Der aktuelle Klimatrend könnte Auswirkungen auf unsere Meerforellenfischeri haben. Die Temperaturen sind kritisch hoch und dezimieren eine wichtige Nahrungsgrundlage, den Hering.
Diesen Winter hatten wir an der offenen Küste der westliche Ostsee eine erschreckend hohe Wassertemperatur von ca. 5 - 6 °C. Normal wären 2 -3 °C (siehe Grafik) gewesen. Das mag sich vielleicht nicht so extrem anhören und die Meerforelle selbst hat damit direkt auch kein bekanntes Problem, aber der Hering wird dadurch stark dezimiert. Und das hat sicherlich Auswirkungen auf das ganze System. Warum ist das so?

Die hohen Wintertemperaturen führen dazu, dass die innere jahreszeitliche Uhr der Heringe vorgeht. Sie bekommen ein früheres Signal für ihre Laichwanderung zu den flachen Küstengebieten. Dort dienen diverse Wasserpflanzen der Uferzone, z.B. Seegras, als Laichsubstrat für die Heringseier.

Die Überdüngung der küstennahen Wasserbereiche (vor allem durch den Nährstoffeintrag von Land) führt zu trüberem Wasser, wodurch das Seegras in größeren Tiefen nicht mehr wächst (siehe Bericht Habitat Seegraswiese). In den verbliebenen höheren Schichten sind die anhaftenden Heringseier verstärkt den Frühjahrsstürmen ausgesetzt. Allein dadurch sterben Millionen von Heringseiern ab.
Doch das ist noch nicht alles. Die überlebenden Eier entwickeln sich im wärmeren Wasser schneller. Dadurch schlüpfen die Heringslarven früher und verbrauchen ihren Dottervorrat, bevor ausreichend kleine Krebslarven als Nahrung verfügbar sind. Das Ergebnis: Sie verhungern.

Denn das Auftreten ihrer Hauptnahrung, des etwa 1,5 Millimeter lange Zooplankton "Pseudocalanus", gipfelt unverändert im gleichen Zeitraum mit der Frühjahrs-Phytoplanktonblüte, die widerum dem unveränderten Jahresgang der Sonneneinstrahlung folgt. Zwischen dem Auftreten hungriger Heringslarven und dem ihrer wichtigsten Nahrung entsteht so eine immer größer werdende Lücke mit fatalen Folgen für die ganze Nahrungskette. Das werden wir bestimmt zu spüren bekommen.

Der Klimawandel im Meer geschieht ganz unauffällig in für uns oft nicht sichtbaren Schritten. Es gibt keine gigantischen Unterwasserorkane und keine verheerenden Tiefseebrände, die das Drama bildgewaltig in Szene setzen. Er ist ganz unspektakulär. Aber schaut man genau hin, ist er gewaltig.