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Am Ende des Temperaturspektrums

Winterfischen - kalt und wunderschön 💙. Die Strände sind leergefegt, die Luft glasklar. Dick eingepackt und mit 800er Woolpower-Socken ausgestattet ist es eine meiner liebsten Jahreszeiten. Tipps zur Spotwahl im Winter findet ihr hier ---> Klick!


Meerforelle, Sea Trout, Havørred

Was für eine Eisbombe - Foto: Christoph Heiland / der-heilaender.de


Aber wie geht es eigentlich den Meerforellen im Winter? In den sozialen Medien reden wir oft darüber, was passiert, wenn sich im Sommer die Wassertemperaturen erhitzen, vernachlässigen aber gerne das andere Ende des Temperaturspektrums. Dabei verbringen in unseren nördlichen Breiten alle Meerforellen einen beträchtlichen Teil ihres Lebens damit, mit kalten Wassertemperaturen klar zu kommen. Was passiert mit Meerforellen, wenn die Temperaturen sinken? Schauen wir uns das mal genauer an.


Meerforelle, Sea Trout, Havørred

Ein Prachtexemplar - Foto: Thomas Mühlhause


Mefos überleben zwischen einem thermischen Maximum und einem thermischen Minimum. Darüber und darunter ist es für sie tödlich. Selbst innerhalb ihres thermischen Toleranzbereichs haben sie einen weiteren kleinen Bereich. Dieser ist als ihr thermisches Optimum bekannt, bei dem sie am besten gedeihen und in dem sie am liebsten leben. Das thermische Optimum, Maximum und Minimum variiert je nach Art. Es kann aber auch je nach Lebensphase, Größe und Temperatur variieren.


Mefos versuchen z.B. in den warmen Monaten durch Tauchgänge ihr thermisches Optimum bei 14 - 15°C zu halten. Im Winter ist das natürlich unmöglich. Quelle: DTU


Meerforellen sind Kaltblüter, so dass mit sinkenden Wassertemperaturen auch die Stoffwechselvorgänge der Fische sinken. Tatsächlich wird die Wassertemperatur oft als der Hauptfaktor dafür bezeichnet. Die Fähigkeit eines Fisches zu schwimmen, zu fressen, Nahrung zu verdauen und Raubtieren auszuweichen, nimmt mit sinkenden Wassertemperaturen ab. Dies führt im Winter zu trägeren, weniger hungrigen Fischen. Wobei Fänge immer möglich sind, die vielen Fotos im Artikel sprechen für sich.


At its best! - Fotos: Robert Grischek


Vor dem Winter legen Fische in gemäßigten und nördlichen Breiten das Fett an, das später als Energie verwendet wird, zumal die Futtermenge in den Wintermonaten tendenziell abnimmt. Im Laufe des Winters können daher ihre Energiereserven erschöpft sein, und wenn ihnen die Energie ausgeht, um grundlegende Körperfunktionen aufrechtzuerhalten, können sie auch sterben – im Wesentlichen an Hunger.


Regenbogenforelle, Meerforelle, Sea Trout, Havørred

Top-Winterstrecke 2 x Mefo + 1 x Refo - Foto: Andreas Gabriel


Alles, was zu einer beschleunigten Erschöpfung der Energiespeicher führt, kann diese Situation verschlimmern. Das Kämpfen am Ende einer Angelschnur erhöht den Stoffwechsel und die Muskelaktivität, die durch Energie angetrieben werden. Während des Winters, wenn Fische nicht gefressen haben und bereits auf begrenzte Energiespeicher angewiesen sind, können lange Kampfzeiten sowie alles andere, was Energie erfordern könnte, wie das Heilen einer Hakenwunde oder das Ersetzen einer Schleimhaut, das Überleben der Fische beeinträchtigen.


Empfehlung: Kampfzeit bei C&R reduzieren und Einzelhaken benutzen.

Meerforelle, Sea Trout, Havørred

Blank. Genau so sollen sie aussehen. - Foto: Uwe Müller


Es gibt eine Handvoll Studien, in denen die Auswirkungen beim Eisfischens untersucht werden. Trotz der Unterschiede zwischen dem Eisangeln und unserem Meerforellenfischen lassen sich einige Parallelen ziehen, insbesondere was die Reaktion der Fische auf das Angeln bei sehr kalten Wassertemperaturen betrifft. Zwei Trends, die auffallen und ein erwähnenswerter Aspekt sind:


  • Im Winter haben Fische eine gedämpfte physiologische Stressreaktion und die Sterblichkeitsraten sind im Allgemeinen niedriger. Die Stressreaktion, gemessen durch die Untersuchung der Blutkonzentrationen von Glukose, Laktat und Cortisol, nimmt oft bei niedrigeren Wassertemperaturen ab. Zander z.B., die nach dem Fang in einem Gehege gehalten wurden, konnten in einer Studie zeigen, dass sie alle 24 Stunden nach dem Release noch am Leben waren. Dies ist eine gute Nachricht für Angler – Fische werden durch das Angeln im Winter physiologisch weniger beeinträchtigt als im Sommer.


  • Obwohl die Stressreaktionen bei niedrigeren Wassertemperaturen oft abgeschwächt sind, können sie dadurch aber verlängert und/oder verzögert werden. Eine Studie mit Hechten ergab, dass es nach dem Fang 45 Minuten bis 4 Stunden dauerte, bis sich die Blutchemie änderte. Im Vergleich dazu zeichnen sich bei wärmeren Wassertemperaturen solche Veränderungen oft innerhalb von Minuten ab. Im Winter bedeutet dies, dass Fische möglicherweise noch Stunden nach dem Release den physiologischen Auswirkungen des Angelns ausgesetzt sind und diese Auswirkungen möglicherweise Stunden länger andauern. Kurze Drillzeiten sind bei C&R daher ratsam.


  • Obwohl nicht speziell darauf eingegangen, weisen einige der Studien auch auf einige der potenziellen Auswirkungen der Luftexposition während des Winterfischens hin. Eine Studie stellte fest, dass Fische Anzeichen von Frostschäden an Augen und Kiemen zeigten. Sehr kalte Lufttemperaturen und Windchills können selbst bei kurzen Lufteinwirkungen starke Schäden verursachen (siehe Artikel).


Empfehlung: Wenn die Ringe an der Rute einfrieren, sollten wir bedenken, dass auch Kiemen und Augen sehr stark auf diese Lufteinwirkung reagieren. Releasefische lieber nicht aus dem Wasser heben.

Minus 6 °C - Foto: Robert Grischek


Fair geht vor! Kein mir bekannter Meerforellenangler geht fischen, weil er darauf angewiesen ist. Es ist ein reines Freizeithobby. Daher sollte jeder Angler den Anstand haben, sich den Tieren gegenüber respektvoll zu verhalten, insbesonders wenn C&R praktiziert wird. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Ich hoffe ich konnte mit diesem Artikel etwas dazu beitragen.


Wir sehen uns draußen! 👋🏻


Kapitaler Überspringer - Foto: Bruno Bork


PS: Dieser Artikel ist eine kleine Co-Produktion. Danke an Robert Grischek, Andreas Gabriel, Thomas Mühlhause, Lars Kaufmann, Christoph Heiland und Bruno Bork für die klasse Winterfotos! 💙


Winterfischen - Foto: Lars Kaufmann

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